Vorbereitungen für den World Down Syndrom Tag 2016
Sehr konzentriert arbeite ich im Moment an der Vorbereitung einer Sondernummer eines Vereinsbulletins, das aus Anlass des World Down Syndrom Tages 2016 erscheinen soll. Sie zeigt das Leben und die Anliegen junger Menschen mit Trisomie21/Down Syndrom.
Einige treffe ich, die anderen schicken mir ihre Antworten per Mail.
Besondere Begegnungen
In all diesen Gesprächen spüre ich, wie sich etwas in mir öffnet. Atem und Sprechrhythmus verlangsamen sich. Unmittelbar der Kontakt,
der sich etabliert. Es ist mir unmöglich, mich wie sonst hinter Wissen und Intellekt zu verstecken. Ich spüre, wie ich mich weite, wie mich der Kontakt mit einer
ganz anderen Lebensweise beflügelt.
Was zählt, ist unser Zusammensein hier und jetzt. Es tut gut.
Die Worte meiner Interviewpartner freuen und erstaunen mich gleichermassen. Ganz einfach, manchmal auf ungewöhnliche Weise, fassen sie ihr Leben zusammen. „Ich esse gerne Spaghetti mit Schokoladenkuchen ohne Bolognese.“ „Einen Freund? Nein, habe ich nicht. Den muss ich erst noch stricken.“
Daneben sind da auch die Telefongespräche mit den Mamas, die für ihre Kinder sprechen, da diese nur beschränkt dazu fähig sind. Dank ihrer Übersetzungen gelingt die Verständigung. Starke Frauen. Aus eigener Erfahrung weiss ich um den unermüdlichen Einsatz, der hinter ihren Worten liegt. Ein Einsatz, den sie alle leisten, ohne ihn gross zu erwähnen.
Worum geht es?
Die Begegnungen inspirieren mich. Gleichzeitig machen sie mich sehr nachdenklich. Ich erinnere mich an alle die Berichte, die ich gelesen habe, über Projekte, in denen Menschen mit T21 in Hochschulen integriert werden. Ich denke an meine eigenen, stetigen Förderbemühungen. Damit Rishi mehr spricht. Mehr lernt. Anfängt zu rechnen.
Wenn ich ihn auch mit Leidenschaft ihn seinem Lernen unterstütze und herausfordere, so frage ich mich doch, ob ich dabei nicht etwas ganz Wichtiges übersehe. Muss mein Sohn „besser“ werden? Fördere ich aus Angst vor der Zukunft oder weil ich daran glaube, dass er es kann?
Was ist mit all den Familien und ihren Kindern, deren Entwicklung anders vonstattengeht? Machen sie etwas falsch? Fördern sie einfach nicht genug?
Die Interviews führen mir aktive, kreative und liebevolle Menschen vor Augen, vielseitig begabte junge Menschen mit Zielen und Wünschen. Sie lieben und werden von ihrer Familie geliebt. Sie freuen sich am Leben. Sie sind aktiv, Streit macht sie traurig. Ihre Antworten zeigen, dass der Unterschied zwischen „normalbegabt“ und „andersbegabt“ winzig ist.
Hinter der manchmal lückenhaften oder nicht vorhandenen Sprache, der Beschäftigung in einer Werkstatt erscheinen starke Persönlichkeiten, die sich von ihrer Beeinträchtigung nicht behindern lassen.
Ja und Nein
Rishis Andersartigkeit hat für immer mein Herz erobert und mich zutiefst gewandelt. Unsere tiefe Beziehung gibt mir die Stärke, Sprachrohr zu sein und mich dafür einzusetzen, dass die Gesellschaft die bereichernde Einzigartigkeit und Schönheit von anders begabten Menschen erkennt und willkommen heisst.
Deswegen: ja und nochmals ja zu einer individuellen und ganzheitlichen Förderung, die das Beste aus unseren Kindern herausholt. (Nicht nur aus unseren Kindern, aus allen Kindern).
Nein zu der atemlosen gesellschaftlichen Jagd der Gesellschaft nach mehr Leistung und Gleichförmigkeit.
Ich weiss, ich bin nicht alleine auf diesem Weg. Weiten möchte ich diese Kreise jedoch noch, Stimmen und Hände finden, dir mit mir gemeinsam dem Traum von wahrhaftig gelebter Inklusion Gestalt verleihen.
Alleine ist es ein nicht zu bewältigendes Projekt. Miteinander jedoch….
(Foto by Bettina Papst, www.einaugenblick.ch)
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